Überlegungen zur integrierten Kommunikation


Informationsüberlastung, Kommunikationsvielfalt und individuelle Kommunikationsbedürfnisse der
einzelnen Dialoggruppen eines Unternehmens führen dazu, dass der klassische Wettbewerb immer
mehr durch einen Kommunikationswettbewerb ersetzt wird. Die integrierte Kommunikation (IK) hat
das Potential, die Kommunikation im Unternehmen zu konzentrieren um in diesem Wettbewerb
bestehen zu können.

Marketing, PR und Corporate Identity erweiterten im Laufe ihrer geschichtlichen Entwicklung
Ansprüche in Richtung der Gesamtkommunikation. Es entstanden vielfältige Theorien und Modelle
zur IK, mit jeweils unterschiedlichen Bezeichnungen, Herkünften und Schwerpunkten (marketing-, CIoder
PR-zentriert, oder nach Ansätzen: gesellschafts- oder organisationsbezogen, bzw.
managementorientiert).

Einige Modelle versuchen Unter-/bzw. Überordnung zu vermeiden (Bogner,
Zerfaß, Ahrens/Behrent, …). Vielen Theorien fehlt allerdings der CI-Ansatz, die z.B. in der Theorie der
„Wiener Schule der vernetzten Kommunikation“ (Bogner) miteinbezogen ist: Durch Integration soll
kein Kommunikationseinheitsbrei entstehen, sondern die gemeinsamen kommunikativen
Beziehungsmuster in den Mittelpunkt gestellt werden. Gemeinsamkeiten sollen vernetzt, die Branchen
„gleichwertig und gleichrangig“ behandelt werden.

Der infradisziplinäre Hintergrund
„Integration ist die Wiederherstellung einer Einheit aus zuviel Differenziertem“
Im Unternehmensumfeld zielt integrierte Kommunikation darauf ab, interne und externe
Kommunikation strategisch aufeinander abzustimmen und zu einer effizienten und konsistenten
Gesamtkommunikation zusammenzuführen. IK soll die Bereiche Marketing, PR und Corporate
Identity in inhaltlicher, formaler, thematischer und zeitlicher Hinsicht vernetzen.

Merkmale der IK
In Anlehnung an die Wiener Schule von Bogner, dem betriebswirtschaftlichen Ansatz von Bruhn und
dem organisationsbezogenen Ansatz von Zerfaß können folgende Merkmale für die Integrierte
Kommunikation (IK) gefunden werden:
· IK soll ein Managementprozess und Ziel der Unternehmenskommunikation sein
· IK soll sämtliche internen und externen Kommunikationsaktivitäten umfassen
· IK will eine Einheit schaffen, um die Effizienz der Kommunikation zu steigern.
· IK soll sich aller Kommunikationsbranchen bedienen

Formen der IK
Die inhaltliche Komponente soll strategischen Kernbotschaften und Schlüsselbilder planen.

In der funktionalen Komponente sind z.B. Informations-, Profilierungs- bzw. Motivationsthemen, die dann
zielgerichtet mit den verschiedenen Kommunikationsmitteln umgesetzt werden. Die eingesetzten
Mittel sind durch die instrumentelle Abstimmung vorher bestimmt worden. Hier gibt es klare, leicht
erkennbare Überschneidungen der Instrumente4 aus dem Bereich Marketing, PR und CI (siehe Wiener
Schule). Sie sind in der Praxis auch am besten und leichtesten umsetzbar.

Die formale Komponente wird durch das Corporate Design entwickelt, das ein Teilbereich der Corporate Identity ist. Von Innen
und von Außen kann diese Firma sofort erkannt und zugeordnet werden, egal ob sie ein Produkt
verkauft (Werbung) oder eine Imagekampagne (PR) läuft.

Die dritte Komponente ist die Zeit. Hier geht es einerseits um zeitlich abgestimmte Kommunikationsmaßnahmen (z.B. die PR-Abteilung erfährt erst aus dem Fernsehen vom eigenen neuen Produkt), andererseits um Gewährleistung einer
zeitlichen Kontinuität der Maßnahmen (Imagebildung vor Produkteinführung).

Alle drei Formen sollen vertikal und horizontal miteinander verknüpft werden. Bei der vertikalen
Komponente geht es um die Abstimmung und Durchgängigkeit in Bezug zu den Zielgruppen (Kunden
könnten die härtesten Kritiker sein – Stromkunde ist gleichzeitig auch Umweltaktivist). Gibt es
Widersprüche werden sie sofort von den Öffentlichkeiten erkannt, das Unternehmen verliert an Image
und Glaubwürdigkeit.

„Unternehmen sind selbstreferenzielle soziale Systeme aus gemeinsamen Wissensbeständen
und Kommunikationen“

Sie sind hochkomplexe und dynamische Phänomene und befinden sich ständig in einem
Kommunikationswettbewerb aber auch in veränderlichen Umfeldbedingungen. Ein konsistentes Bild
des Unternehmens von Innen nach Außen kann zur Überlebensfrage werden.

Abstrakt kann man ein Unternehmen als eine eigenständige Persönlichkeit wahrnehmen. Doch diese Persönlichkeit besteht
bei näherem Hinsehen aus Einzelteilen. Ähnlich einem Ameisenhaufen, der von Außen als Ganzes
gesehen wird und nur durch die perfekt abgestimmten Aufgabenverteilungen der Mitglieder als Einheit
wirkt und funktioniert.

Die Praxis und warum alles doch noch komplexer als die Theorie ist 
Integration hat für viele den Beigeschmack einer Uniformität und einer Zentralisierung, die als eine
der Gefahren der IK zu sehen sind. Sie ergeben sich in einer monotonen Zielgruppenansprache und
mangelnden Flexibilität in der Einheit. Das liegt in der Natur der Sache: Systeme, ob biologische oder
soziale, tendieren zu einem Klimaxzustand, neigen zur Stabilisierung des Gewohntem, die zwar in sich
funktionieren aber dann nicht mehr produktiv sind. Die übergreifende Zielsetzung der IK muss es
daher auch sein, das System vital zu halten, d.h. auch Widersprüche als positive „Störfaktoren“ mit
dem Ziel der Vitalität anzunehmen.

Die Begrifflichkeit selbst ist, ob integriert, holistisch, 360-grädig, orchestriert oder vernetzt, nicht
einheitlich. Übergreifende allgemeine Definitionen und Bezugspunkte fehlen. Während der eine bei
„Instrument“ von Marketing oder PR spricht, meint der andere damit eine Maßnahme, die Liste ist
beliebig erweiterbar, Missverständnisse unvermeidlich. Dementsprechend verwirrend und
widersprüchlich wird integrierte Kommunikation auch diskutiert und vielfach in das „Theorieeck“
geschoben, das praktisch nicht umsetzbar ist7.
Gründe für die Nicht-Umsetzung solcher Theorien sind auch die eigenen Schranken, Denkweisen und
Ziele der jeweiligen Branchen. Die Kultur einer Marketingabteilung unterscheidet sich z.B. von der
der Personalabteilung oder der Produktionsabteilung – es entstehen Abteilungsegoismen. In Folge
kann es dazu kommen, dass die Verpackung nicht zur Werbung passt. Hier kann durch verbesserte
Kooperation und Koordination (inhaltlich, formal und zeitlich) effizienter gearbeitet werden und dem
Ziel der integrierte Kommunikation näher gerückt werden, auch in wirtschaftlicher Sicht durch
Effizienz und Kostenersparnis. Wenn man erkennt, dass wir „der Tatsache nicht ausweichen können,
dass jede einzelne Handlung, die wir tun, ihre Auswirkung auf das Ganze hat“, ist schon viel
gewonnen.

Literatur & Quellen
PR+plus Studienbrief 9
Manfred Bruhn, 2006
gwa-Studie zur Integrierten Kommunikation
www.wirz.ch/page909.aspx

www.geosities.com/wallStreet/8925/integcom.htm?20062
wikipedia
www.base.ch
Gustav Bergmann, Systemisches Kommunikationsmanagement 2003
Albert Einstein